Anlässlich der wiener Landtags- und Gemeinderatswahl 2010 hat die dortige Fellowship-Gruppe der Free Software Foundation Europe (FSFE) den Parteien Fragen zu Freier Software und Offenen Standards gestellt. Von den 15 Parteien beantworteten acht die Fragen zu Themen wie der Handhabung Freier Software bei den Parteien, der Verwendung Offener Standards für den Informationsaustausch (intern wie nach außen) und generell elektronischer Verwaltung.
Die Parteien antworten fast durchweg, dass sie Freie Software gut finden und sich dafür einsetzen wollen. Bei der Umsetzung dessen ergibt sich für die letzten Jahre jedoch ein widersprüchliches Bild.
Das Vorhaben, möglichst viele Arbeitsplätze auf GNU/Linux umzustellen, geht nur schleppend voran. Obwohl die "Studie OSS" (2004) die Umstellung auf Freie Software empfiehlt, wurden von Juli 2005 bis 2008 bisher nur ca. 1.000 von 21.000 Arbeitsplatzrechnern der Stadtverwaltung auf ein GNU/Linux-Betriebssystem umgestellt.
Dieses Jahr wurden alle 720 Rechner der städtischen Kindergärten wieder auf ein Microsoft-Windows-Betriebssystem "zurückgestellt" (Kosten: 400.000 Euro). Die Begründung war, dass eine spezielle Software zur Erfassung von Sprach-Tests zu diesem Zeitpunkt nur mit dem Internet-Browser von Microsoft lauffähig gewesen wäre. Eine von Herstellerseite angebotene Anpassung der Software, um diese mit einem freien Web-Browser lauffähig zu machen, wurde nicht in Erwägung gezogen.
Im Jahr 2008 wurden insgesamt 8 Millionen Euro für neue Microsoft-Lizenzen vom Wiener Landtag genehmigt. Am 18.12.2009 und am 30.06.2010 wurde über jeweils weitere 1,45 Mio. Euro für denselben Zweck abgestimmt mit der Begründung, dass nur so der EDV-Betrieb der Stadt Wien aufrecht erhalten werden kann. Nur die Grünen stimmten jedes Mal gegen die Anschaffungen.
Die 2008 fertiggestellte Studie "STOSS 2" über den Einsatz von Freier Software auf den Arbeitsplätzen der Stadt Wien wurde trotz vorigem Versprechen nie veröffentlicht sondern nur eine Zusammenfassung von 4,25 Seiten.
Neben den Antworten zu Freier Software und Offenen Standards gibt es auch ein paar andere interessante. So hat z.B. die Christliche Partei Österreichs (CPÖ) auf die Fragen Folgendes geantwortet:
... da uns Ihre Gesellschaft völlig unbekannt ist, ersuchen wir um Verständnis, dass derzeit eine Beantwortung Ihrer Fragen nicht erfolgen kann.
Das ist doch auch mal eine Ansage an die Wähler.