Das hatte ich nicht erwartet: Eine Projektgruppe im Bundestag, die sich ausführlich mit Freier Software und Offenen Standards beschäftigt. Also genau die Themen, mit denen ich mich schon seit über 13 Jahren auseinandersetze. Dieses Jahr war es soweit: die Projektgruppe Interoperabilität, Offene Standards, Freie Software (PG ISF) der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft wurde gestartet. Ich war bisher bis auf zwei Ausnahmen bei allen Sitzungen entweder als Gast und einmal als eingeladener Experte mit dabei. Anbei ein kleiner Bericht, was mir wichtig war oder was ich spannend fand.

Hintergrund

Die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft gibt es seit Mai 2010. Ihr Ziel ist es, die Auswirkungen des Internets auf Politik und Gesellschaft zu untersuchen und später Empfehlungen an das Parlament auszusprechen. Am 11. Juni 2011 startete dann die PG ISF unter dem Vorsitz von Jimmy Schulz (FDP). In den ersten beiden Sitzungen wurden Details zum Ablauf besprochen und ein Arbeitsprogramm erarbeitet. Dieses wird nun von den Mitgliedern der Projektgruppe ausgearbeitet und am Ende werden auf dieser Basis die Handlungsempfehlungen formuliert.

Expertenhörung Freie Software

Am 21. September fand als dritte Sitzung die Expertenhörung der PG ISF statt. (Heise hatte bereits darüber berichtet.) Zu der Sitzung gibt es auf den Webseiten der Enquete einen Videomitschnitt und das Protokoll auf die ich mich bei Zeitangaben und Seitenangaben beziehe.

Ich selbst war auch als Experte zum Thema Freie Software eingeladen. Das heißt ich wurde vorher angefragt, in der Projektgruppe vorgeschlagen und von den Fraktionen bestätigt. Vorab musste ich zwei Fragen schriftlich beantworten und zustimmen, dass die Antworten im Abschlussbericht verwendet werden können.

Bei der Sitzung selbst waren neben mir noch fünf weiter Experten geladen: Dr. Till Jaeger, Jan Kleinert, Moritz Lenz, Dr. Johannes Loxen und Dr. Mario Mathias Ohle. Jeder hatte fünf Minuten für ein Eingangsstatement. Mein Eingangstatment (S. 4-6, 9:36-12:53) war eine Ausführung meines Artikels "Demokratie braucht Freie Software", welchen wir anlässlich der Verleihung der Theodor Heuss Medaille an die FSFE verfasst hatten. Mein Fazit: in einem demokratischen Staat müssen wir als Gesellschaft die Technik bestimmen können, nicht die Technik uns. Eine Grundlage dafür ist Freie Software.

Till Jaeger hat in seinem Eingangstatement (21:39-25:59, S. 9-10) erklärt, dass Freie Software sich durch Lizenzen definiert und nicht Entwicklungsmodel oder andere Rahmenbedingungen (auch nochmal gut in Was macht ein Freie-Software-Unternehmen aus? unter "Punkt 1: Denken Sie klar").

Während andere Zuschauer per Microblog diskutierten, wurde wir von den anwesenden Mitgliedern der Projektgruppe Markus Beckedahl, Dr. Reinhard Brandl (MdB CDU/CSU), Alvar Freude, Annette Mühlberg, padeluun, Jimmy Schulz (MdB FDP) und Cornelia Tausch befragt. Nachfolgenden ein paar Auszüge.

Freie Software in der Öffentlichen Verwaltung

[Johannes Loxen:] Das Entscheidende in der öffentlichen Hand sei Wiederverwendung. [...] Er kenne viele Anfragen aus Ministerien, die gerne diese oder jene Software weiterentwickeln lassen wollten, jedoch dürfe man das so nicht in den Auftrag schreiben, weil es untersagt sei, Software von einer Behörde an die andere weiterzugeben. (39:51, S. 14) [...]

Das Entscheidende sei immer die Willensbildung: Möchte man diese Software weiterentwickeln? Möchte man für Open Source eintreten, weil man langfristig einen positiven Effekt sehe wie die Unabhängigkeit von Monopolen? (42:20, S. 15)

Dr. Till Jaeger antwortet auf die Frage nach dem Regelungsbedarf im Bereich Ausschreibungen. Nach seinem Dafürhalten benötige freie Software grundsätzlich keine Sonderregelungen, denn die strategischen Vorteile freier Software dürften bei der Ausschreibung berücksichtigt werden. Dies seien Nachhaltigkeit und das Sicherheitsthema. Die Lizenzgebührenfreiheit sei seines Erachtens kein relevanter Faktor, denn da komme es auf die Wirtschaftlichkeit an. Er sehe da erst einmal keinen Regelungsbedarf. (46:43, S. 16) [...]

Im Bereich der Ausschreibung passten die Rechtsregeln, auch wenn manches noch nicht erprobt sei. Es gebe eine gewisse Unkenntnis. Daher herrsche eine Übervorsicht auf freie Software zu zielen. (S. 17)

Jimmy Schulz hatte Jan Kleinert und mich gefragt (50:00), ob wir Bedarf zur Änderung des Vergaberechts sehen?

Bei Ausschreibungen müsse man begründen, warum man freie Software wolle, beispielsweise, um aus Sicherheitsgründen den Quellcode zu haben, die Software an andere Verwaltungseinheiten weitergeben zu können oder weil man weniger vom Anbieter anhängig sein wolle. Er frage sich, warum man dies als Verwaltung noch einmal erklären müsse und dies nicht eine Selbstverständlichkeit sei. (54:20, S. 18)

Danach gehe ich nochmal auf das Beispiel aus Italien ein, welches ich in meiner Stellungnahme schon ausgeführt hatte.

Auf Annette Mühlbergs Frage (55:03) wie Freie Software von der Verwaltung veröffentlicht werden kann und was verbessert werden muss, um die Unklarheiten in Vergaberecht zu verbessern, erwidert Till Jaeger:

Wenn man vernünftige Kriterien ansetze, werde man merken, dass es nur Sonderfälle seien, in denen es tatsächlich ein Problem gebe. Der Regelfall sei, dass die öffentliche Hand mit öffentlichen Mitteln Software entwickeln und freigeben dürfe. (57:51, S. 20)

Markus Beckedahl fragt Jan Kleinert und mich ob Deutschland immer noch ein Vorreiter bei Freie Software ist, oder ob andere Staaten uns überholt haben?

Bei der Verwaltung heiße es in Deutschland noch immer, man könne keine freie Software ausschreiben oder es sei sehr kompliziert. Man müsse verstehen, dass freie Software kein anderes Produkt sei. Es sei kein Umstieg von Audi auf Mercedes. Es gehe vielmehr darum, was man mit diesem Auto tun könne, ob man zum Beispiel ein Blaulicht anbringen oder es behindertengerecht umbauen dürfe. Solche Eigenschaften könne man sehr wohl ausschreiben. Dr. Mario Mathias Ohle habe beschrieben, dass es da Begründungen gebe. Es fehle aber teilweise der Mut, so etwas auszuschreiben und zu sagen, man wolle dies. [Teil mit Beispielen aus der Stellungnahme]

Dieses Vorgehen werde dort nicht von einem unbekannten Open-Source- Kompetenz-Zentrum vorangetrieben, sondern direkt vom Premier- und Finanzminister. In Deutschland fehle es einfach an Rückendeckung und an der Aussage, dass dies wichtig und ein strategisches Ziel sei. [...]

In Deutschland fehle dafür der Mut. Teilweise habe man auch noch zu viel Geld, sodass man weiter wie bisher verfahre. (1:07:25 - 1:11:37, S. 22-24)

Nicole Simon fragt, wie aktives Ermuntern aussehen müsste um Freie Software einkaufen zu können und zu zeigen, dass es gut ist (1:47:53).

Dr. Till Jaeger führt aus, dass dort seiner Meinung nach eine Reihe paralleler Anstöße erforderlich seien. Der erste beziehe sich vielleicht auf eine gewisse Denkfaulheit. „Man habe es schon immer so gemacht“ sei ja nicht umsonst ein bekannter Spruch. Wenn man diesen Punkt überwinden wolle, dann müsse man Rechtfertigung einfordern. Eine Rechtfertigung einfordern heiße, derjenige der ausschreibe, müsse sich dazu äußern, warum ein gewisses Lizenzmodell, ein gewisses Produkt hier angefragt werden solle oder nicht. Die Auseinandersetzung mit der Frage wäre hilfreich.

Als zweites gebe es nicht unbedingt einen bösen Willen, aber eine gewisse Unkenntnis. Auch das politische Statement sei wichtig: Freie Software habe viele Vorteile, habe man die berücksichtigt? Die Aussage, dass man diese Vorteile gerne mehr sehen wolle, könne hilfreich sein und dies dürfe man nicht unterschätzen. Auf den Ausschreibenden, der Verantwortung trage, falle es persönlich zurück, wenn etwas nicht funktioniere. Wenn er von einem großen Unternehmen gesagt bekomme, das funktioniere am Ende, auch wenn es ein bisschen teurer sei, dann sei das der bequemere Weg. Es sei vielleicht nicht immer der beste, aber der bequemere Weg. Wenn man fördern wolle, dass auch etwas mutiger angepackt werde, dann werde man diejenigen, die damit befasst seien, auch unterstützen und schützen müssen. Wie man das praktisch mache, müsse man sicherlich noch mehr bedenken. (1:49:01, S. 36)

Alvar Freude (1:54:28) fragt ob es in der öffentlichen Verwaltung rechtliche Hindernisse gebe, Änderungen an entsprechend frei lizensierter Software wieder zurückzugeben.

Dr. Till Jaeger antwortet, im Regelfall dürfte das problemlos möglich sein, auch wenn man dies in der Praxis tatsächlich wenig sehe. Es müssten die erforderlichen Rechte natürlich erworben werden, um dann die Lizenzierung vornehmen zu können. Das dürfte bei einer Individualentwicklung auch nach EVB-IT-Standards eigentlich nicht das Problem sein.

Letztlich will Dr. Brandl (1:40:29) wissen, ob es bei Freier Software Erfolgsgeschichten gibt (S. 33).

Zur zweiten Frage nach den Erfolgsgeschichten erklärt er [Johannes Loxen], dass man dazu wissen müsse, dass es bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand im Bereich Open Source um ganz alte Strukturen und Macht gehe. Wenn man eine Ausschreibung gewinne, habe man im Bereich proprietärer Software sofort die Möglichkeit, eine Erfolgsgeschichte zu schreiben. Im Bereich Open-Source-Software müsse man kämpfen und zwar sehr stark. Wenn man zum Beispiel in einer Bundesbehörde ein Exchange-System [...] abschalte [...] dürfe man dies in keiner Weise weiter referenzieren, bis das Projekt ganz abgeschlossen sei und niemand mehr von Microsoft komme, um dazwischen zu grätschen. (1:44:04, S. 34)

Ich habe noch das Join-up Portal der Europäischen Kommission und die Webseite des Open-Source-Kompetenzzentrums aufgeführt (1:45:39, S. 35).

Digitale Rechteminderung / Gerätehoheit

Annette Mühlberg fragt mich (57:13), was die Probleme für Freie Software in Bezug auf DRM sind? Und ob den Nutzern nicht die Hoheit über ihre Geräte entzogen wird. Worauf ich die DRM-Problematik und "Secure-Boot" erkläre (1:00:48, S. 20f.)

Das heiße, man könne mit Secure Boot verhindern, dass Menschen, die den Computer gekauft hätten, ihr Eigentum so nutzen können, wie sie es wollten. Das System werde „zugenagelt“ und es entstehe ein wirtschaftlicher Schaden, weil man keine anderen Betriebssysteme installieren könne oder es sehr viel schwerer werde, andere Betriebssysteme zu installieren. (S. 21)

Benutzbarkeit Freier Software

Annette Mühlberg (1:15:26) spricht Probleme der Benutzbarkeit Freier Software an und fragt was für Verbesserungsmöglichkeiten es gibt? Waraufhin ich auch anhand der Verschlüsselungssoftware Steed erkläre, dass Software besser wird, wenn mehr dafür bezahlen:

Manche freie Software sei furchtbar zu bedienen, andere sei super, was die Usability angehe. Dies hänge nicht damit zusammen, ob es freie Software sei oder nicht. Es komme vielmehr darauf an, wie viel in die Software investiert worden sei. Wenn man freie Software bedienungsfreundlicher machen wolle, müsse man eine Nachfrage generieren, sodass Geld dafür bezahlt werde. So werde die Software besser werden. Wenn es darum gehe, wie man als deutscher Staat freie Software bedienbarer machen könne, dann indem man eine Beschaffung mache und Nachfrage generiere, sodass es eine bessere Software gebe. (1:17:38, S. 26f.)

Mobiltelefone und dezentrale Systeme

Padeluun fragt wie Mobiltelefonen mit Freier Software betrieben werden können (1:32:20, S. 30) und wie wir mehr Dezentralität erreichen können um Macht zu verteilen. Daraufhin (1:34:11, S. 31f.) erkläre ich die Free-Your-Android-Kampagne.

Man brauche als Verbraucher einen besseren Schutz und das Recht über sein Gerät frei verfügen zu können. Dies gelte auch für Beschaffungen. Hier solle darauf geachtet werden, dass man Geräte erwerbe, bei denen dies möglich sei. Allein, um sich die Option offenzuhalten, dass man wechseln könne, falls eine andere Firma ein besseres Betriebssystem anbiete. (S. 32

Ich erkläre noch dezentralen Systemen und plädiere für mehr Forschung und Förderung diesen (1:37:50 - 1:40:22, S. 32-33). Eigentlich hätte ich dort gerne noch angebracht, dass es wichtig ist, dass wir Kunde und nicht Produkt sind. Habe ich in der Situation aber vergessen.

Bei sozialen Netzwerken oder auch bei Suchmaschinen könne man dezentrale Strukturen aufbauen und fördern. Auch im Forschungsbereich müsse diesbezüglich mehr investiert werden. (S. 33)

Expertengespräch zu Interoperabilität

Vormittags war außerdem die Expertenhörung zum Thema Interoperabilität. Die zweistündige Befragung ist auch als Videomitschnitt verfügbar. Es lohnt sich auf jeden Fall, die vierseite Stellungnahme von Peter Hofmann (LiMux) zu lesen, in der er über die 12.000 GNU/Linux-Arbeitsplätze und entstehende Interoperabilitätsproblemen schreibt. In der Sitzung selbst, fand ich folgende Stellen interessant (übernommen aus dem Protokoll mit Zeitangabe vom Video).

In seinem Eingangsstatement (S. 10) nennt Peter Hofmann das Beispiel des Umweltbundesamts welches die Verwendung eines bestimmten Formats wie Word 2003 oder 2007 vorschreibt (auf diesen Sachverhalt wurde zuvor auch schon auf der öffentlichen Diskussionsliste der FSFE hingewiesen).

Auf die Frage von Annette Mühlberg, was wir von Italien, England, Russland lernen können (1:14:52):

In anderen Ländern gebe es zum Teil Normierungen, die der Verwaltung vorschrieben, Open Source zu prüfen bzw. zu bevorzugen. Ein solches Reglementarium würde der Verwaltung insgesamt vorschreiben, keine proprietären Produkte zu verwenden, sodass indirekt auf diesem Wege auch der Bürger vor einer aufgezwungenen Verwendung geschützt wäre – etwa auch indem bei Datenanforderungen von Seiten der Verwaltung die dazu nötige Software bereitgestellt werde. Dies sei bei freier Software möglich. Beim Bund gebe es das Open-Source-Kompetenzzentrum, das sich auf die Fahnen geschrieben habe, die Koordinierung der verschiedenen Open-Source- und Offene- Standards-Bewegungen zu betreiben. So richtig aktiv und wirksam erlebe er diese Stelle jedoch nicht, eine tatsächliche Unterstützung habe man von dieser Seite noch nicht erfahren. (S. 20)

Auf die Frage von Markus Beckedahl ob politische Rückendeckung bei anderen Verwaltungen fehlt (1:25:29, siehe dazu auch mein bezüglich des Auswärtigen Amts):

Peter Hofmann bringt zum Ausdruck, dass er die politische Unterstützung in der Stadt München sehr schätze und dass diese seiner Meinung nach den Erfolg des Projekts erst ermöglicht habe. Es gebe Projekte (wie in Wien oder in Solothurn) im Bereich Open Source, die seiner Einschätzung nach an der fehlenden politischen Rückendeckung gescheitert seien. Die Wirtschaftlichkeit werde als Grund für oder gegen Open Source diskutiert. Das jüngste ihm bekannte Beispiel sei die Entscheidung der Stadt Helsinki gegen Open Source, welche auf einer nicht veröffentlichten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung basieren solle. Wenn man die Diskussion auf das Thema Wirtschaftlichkeit beschränke und dabei die politische und gesellschaftliche Dimension von Open Source vernachlässige, erhalte man nur eine Seite der Medaille. Er vermute, dass bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nur die lokalen monetären Auswirkungen auf die eigene Verwaltung betrachtet worden seien – nicht jedoch Auswirkungen, die das ganze Mikrosystem beträfen, wie zum Beispiel das Umfeld einer Stadt oder Behörde, die Vergabe von Aufträgen an kleine und mittlere Unternehmen und der dadurch geschaffene Mehrwert oder welcher gesellschaftliche Mehrwert durch den Verzicht auf bestimmte Dokumentenformate entstehe. Ohne poltische Rückendeckung sei das Thema Open Source/Offene Standards in breiter Masse bei öffentlichen Verwaltungen nicht durchsetzbar. (S. 22)

Antwort von Peter Hofmann auf Markus Beckedahls Frage, wie München damit umgeht, wenn sie Dokumente mit Bundesbehörden austauschen müssen, die nach Beschluss ODF verarbeiten können müssten (S. 24f.):

In manchen Fällen gehe man auf die Kommunikationspartner zu, um zu erreichen, dass diese auch andere Formate akzeptierten bzw. ordentlich formatierte Dokumente zuschickten, mit denen man arbeiten könne. Das funktioniere hin und wieder. In anderen Fällen kaufe man für die Mitarbeiter, die mit solchen Stellen kommunizieren müssten, die entsprechende kostenpflichtige Software. (1:39:13)

Auf Markus Beckedahls Frage, was Peter Hofmann als größtes Standardproblem sehe (1:42:24):

Das größte Standardproblem für die Breite sei das Thema Dokumentenaustausch, weil dies so vielfältig sei und in sehr viele Bereiche hineinspiele. Dennoch betrachte er gewisse Vorgaben von Bundesverwaltungen für den Einsatz von [Microsoft Windows] Technologien als das schwerwiegendere. Denn aus dieser Falle gebe es kaum Auswege. Im Kommunikationsbereich gebe es immer noch die Möglichkeit durch Gespräche etwas anderes zu erreichen. (S. 25)

Annette Mühlberg fragt Peter Hofmann, wie er sich ein optimales Konzept für die nationale und europaweite Ebene vorstelle und welche ersten Schritte für eine Umsetzung nötig seien (1:43:50), worauf ehr meint, dass man nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben solle sondern Dinge, die begonnen wurden auch umzusetzen (1:46:00):

Peter Hofmann erläutert, dass auf EU-Ebene genau dieselbe Problematik bestehe. Man erhalte von der EU schwerpunktmäßig Microsoft-Dokumente. Hier wünsche er sich, dass gerade auf dieser Ebene mutige erste Projekte, die mit der European Union Public Licence (EUPL) und mit dem Interoperability Framework Version 1 begonnen worden seien, weiter vorangetrieben und auch tatsächlich umgesetzt würden. Es gebe sehr gute Initiativen, Plattformen aufzusetzen – früher sei dies OSA gewesen, heute Joinup. Diese beschränkten sich jedoch auf das Sammeln solcher Informationen. Auf nationaler Ebene wünsche er sich, dass alle Vorgaben, die man erhalte, tatsächlich auch in Software implementiert seien, inklusive aller Änderungen: Organisationen und Unternehmen müssten nicht permanent ihre Software anpassen oder neu entwickeln, wenn man die Möglichkeit habe, diese frei zu verwenden und unter den Kommunen und Verwaltungen austauschen zu können. Dies würde auch den Markt nicht zerstören, sondern lediglich die Zusammenarbeit erleichtern. (S. 25f.)

Nachdem Alvar Freude noch Prof. Dr. Damm erklärt, dass Freie Software auch bei Flugzeugen eingesetzt wird, fragt er Peter Hofmann zu Problemen bei Ausschreibungen von Freier Software (1:48:49):

Peter Hofmann führt aus, dass es bisher keine Probleme gab, Ausschreibungen so zu gestalten, dass man auch freie Software erhalte. Dies liege aber daran, dass man sich zuvor intensiv mit dieser Materie befasst und juristischen Rat eingeholt habe. Aber man habe durchaus die Erfahrung gemacht, dass sich Anbieter proprietärer Software weigerten, auf die Ausschreibung entsprechend zu reagieren: Gerade wenn diese eine monopolartige Stellung für ein bestimmtes Produkt besäßen, werde häufig behauptet, dass es für eine bestimmte Ausschreibung nur die eigene Software gebe. Zwei Beispiele, in denen dies der Fall sei, seien der Standesamt- Bereich sowie Sozial- und Jugendausschüsse, wo marktbeherrschende Software nur für Windows verfügbar sei. (S. 26

Wie geht es weiter und was könnt ihr machen?

Nach der Sitzung gab und gibt es weiterhin viele Folgefragen der Projektgruppenmitglieder an mich, in denen ich nochmal bestimmte Punkte ausführlicher erkläre und ich habe an den anderen Sitzungen teilgenommen.

Ich kann nur allen, die sich für Freie Software interessieren und in Berlin wohnen empfehlen, sich so eine Sitzung mal selbst anzuschauen. Es wird noch zwei Sitzungen geben: Eine Klausurtagung am 30. November 2012 12.00 bis 17.00 Uhr (Anmeldung per E-Mail bis Montag 12 Uhr, wurde verlängert) und eine Sitzung am 10. Dezember 2012 15.00 bis 17.00 Uhr (Anmeldung per E-Mail bis 4.12. 12 Uhr).

Außerdem könnt ihr bis zur nächsten Sitzung noch noch als 18. Sachverständiger Vorschläge auf der Beteiligungsplattform einstellen und diese bewerten. Diese kommen dann in den Abschlussbericht der Projektgruppe.

Falls ihr noch fragen habt, könnt ihr mich gerne kontaktieren. Wenn ihr die Arbeit der FSFE gut findet, dann werdet Supporter der FSFE!!! Das kostet kein Geld und dauert nur vier Minuten. Und natürlich freuen wir uns auch über Spenden.