Golem berichtet
heute,
dass das Programm "Elster Formular" zur elektronischen Abgabe der
Steuererklärung intern bereits seit Jahren auch für GNU/Linux und Mac OS
X existiert. Veröffentlicht ist dieses aber nur für Microsoft Windows,
obwohl keine technischen Gründe gegen eine Veröffentlichung für
GNU/Linux sprechen.
Das Bayerische Landesamt für Steuern schreibt, dass aufgrund der
geringen Nutzerzahlen eine Version des Elster-Formulars für GNU/Linux
und Mac OS X nicht wirtschaftlich sei und deshalb aus Kostengründen
nicht bereitgestellt werden könne. Da einige Steuererklärungen
inzwischen zwingend elektronisch übermittelt werden müssen, werden
Benutzer von GNU/Linux und Mac OS X zur Verwendung von Microsoft Windows
gezwungen. Alternativ kann ein Weblösung verwendet werden, vor deren
Sicherheitslücken das Bundesamt für Sicherheit in der
Informationstechnik (BSI) bereits mehrfach gewarnt hat. Des Weiteren ist
diese Webvariante "Elster Online" auch nur für Microsoft Windows, Mac OS
X, Solaris und GNU/Linux verfügbar, da es auf das Oracle-Java-Plugin
angewiesen ist.
Die Finanzbehörde rechtfertigt das Zurückhalten der GNU/Linux- und
Mac-Version mit wirtschaftlichen Gründen. Konkrete Zahlen, welche die
Behauptung der Unwirtschaftlichkeit untermauern, wurden aber bisher
nicht genannt. Die Finanzbehörde sollten der Öffentlichkeit die
folgenden Fragen beantworten:
- Warum wird eine fertige Lösung, deren Verfügbarkeit im Interesse der
Anwender ist, nicht veröffentlicht? Sie wurde mit öffentlichen
Mitteln entwickelte, und gehört letztendlich den Bürgern, nicht dem
Finanzamt.
- Wenn bereits Testversionen vorlagen, warum war dann eine
Veröffentlichung für GNU/Linux und Mac OS X nie geplant?
- Auf welcher Grundlage diskriminiert das Finanzamt GNU/Linux- und
Mac-User und zwingt sie, entweder unsichere Java-Lösungen oder
zusätzliche Kosten hinzunehmen? Eventuelle Geschäftsgeheimnisse oder
Sicherheitbedenken können kein Hindernis sein, wenn die gleiche
Lösung für Windows veröffentlicht wird.
- Warum wurde statt dessen sowohl Elsterformular als auch eine
Web-Variante entwickelt?
- Wie viel hat die Entwicklung des Windowsprogramms und wie viel die
Weblösung gekostet?
- Wie hoch waren die erwarteten Mehrkosten für eine Veröffentlichung
für Mac OS X und GNU/Linux?
Update: Paul Hänsch hatte noch folgende Fragen vorgeschlagen.
- Womit rechtfertigt das Finanzamt die zusätzliche wirtschaftliche
Belastung von Unternehmern, die durch den Erwerb der
Windows-Lizenzen entsteht?
- Besteht in diesem Kontext ggf. ein Anspruch auf Kompensation?
- Falls ja, wie wirkt sich das auf die Wirtschaftlichkeit einer
GNU/Linux- bzw. MacOS-Portierung aus?
- sieht das Finanzamt Unternehmer in der Pflicht einen
privatwirtschaftlichen Vertrag mit der Firma Microsoft einzugehen um
ihre Steuerpflicht erfüllen zu können?
- Falls nein: Wie lautet dann die offizielle Empfehlung des
Finanzamts, in der die Vertragsfreiheit gewürdigt wird?