Warum benötigt Freie Software eigentlich Lizenzen, was ist Copyleft und wie funktioniert es? Zu diesen Fragen wurde ich gestern von Dradio Wissen interviewt (Audio). Hier eine kurze Zusammenfassung und ein paar zusätzliche Verweise.
Wenn eine Programmiererin eine Software schreibt, fällt dieses Werk unter das Urheberrecht. Der Autor oder der Inhaber der exklusiven Nutzungsrechte formuliert in der Software-Lizenz, was er den Anwendern der Software erlauben und was er ihnen verbieten will. (Ihr könnt das etwas ausführlicher in Volker Grassmucks Buch "Freie Software Zwischen Privat- und Gemeineigentum" im Abschnitt Lizenzmodelle, S. 275ff. nachlesen.)
Auch ohne eine Lizenz können viele Verwendungsmöglichkeiten untersagt sein, zum Beispiel ist die Weitergabe oder das Verändern der Software ohne Lizenz erst einmal verboten. Deshalb gibt es Freie-Software-Lizenzen. Diese stellen sicher, dass die Anwenderinnen die Software für jeden Zweck verwenden, verstehen, verbreiten und verbessern dürfen. Diese vier Freiheiten definieren Freie Software. Ich kann Freie Software auch für Geld verbreiten und darf natürlich auch Geld dafür verlangen, wenn ich sie verbessere. Im Gegensatz dazu ist "Freeware", d.h. Gratissoftware, zwar ohne Bezahlung erhältlich, mir wird aber mindestens eine der vier Rechte nicht gegeben. Als Vergleich: Pressefreiheit bedeutet nicht, dass ich in einen Kiosk gehen und mir alle Zeitungen gratis mitnehmen kann. Genauso wenig stellt das bloße Vorhandensein einer kostenlosen Zeitung Pressefreiheit in einem Land her.
Damit die Anwender und Anwenderinnen langfristig von den vier Freiheiten profitieren, entwickelte Richard Stallman das Prinzip des "Copyleft". Eine Copyleft-Lizenz gibt zunächst auch allen die Freiheit, das Programm zu verwenden, zu verstehen, zu verbreiten und zu verbessern. Diese Freiheiten müssen aber bei der Verbreitung der Software oder bei abgeleiteter Werke erhalten bleiben. Die Software wird durch das Copyleft sozusagen dagegen geimpft, unfrei zu werden. Der bekannteste Vertreter für Copyleft-Lizenzen ist die GNU GPL, die meistverwendete Freie-Software-Lizenz. Neben dem starken Copyleft bei der GNU GPL gibt es auch Freie-Software-Lizenzen mit schwachem Copyleft (GNU LGPL) oder ohne Copyleft-Effekt (MIT/X11). Mehr zu Lizenz-Kategorien findet ihr Bernhard Reiters Artikel Wandel der IT: Mehr als 20 Jahre Freie Software, Kapitel 2.2 Lizenzkategorien.