Unsere Gesellschaft wurde schon immer von bestimmten Techniken geprägt. Lesen, Schreiben, Rechnen sowie Ackerbau, Buchdruck und Rundfunk haben die Art verändert, auf die wir unsere Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst betreiben. Die wichtigste Kulturtechnik des 21. Jahrhunderts ist Software. Die Free Software Foundation Europe (FSFE) setzt sich dafür ein, dass die Menschen in unserer Gesellschaft diese Kulturtechnik selbstbestimmt gestalten können.
Software ist heute aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Für die meisten von uns vergeht keiären viele dieser Geräte wertlos. Ohne Software könnten wir keine E-Mails schreiben, keine Telefonate erledigen und nicht in der Weise einkaufen oder reisen, in der wir es heute tun. Software ist das zentrale Werkzeug unserer Gesellschaft.
Wenn wir andere über unsere Werkzeuge bestimmen lassen, können sie Macht über uns ausüben. Wer über eine Suchmaschine bestimmt, entscheidet was wir finden. Wer die Kontrolle über unsere E-Mails hat, kann uns zensieren. Allein über einen Kommunikationsdienst bestimmen zu können, bedeutet Macht darüber zu haben, wer sich mit wem über was austauschen kann. Wer über die Funktionsweise der Software in einem Unternehmen entscheidet, kann Arbeitsprozesse beeinflussen oder behindern.
In modernen Demokratien ist Macht verteilt. Wir verteilen legislative, exekutive und judikative Aufgaben zwischen unterschiedlichen Institutionenßter Widersacher innerhalb des demokratischen Systems Platz hat.
Wird Software als zentrales Werkzeug unserer Gesellschaft nur von einigen wenigen kontrolliert, ist dies eine Bedrohung für unsere Demokratie. Von Software hängt nicht nur unsere Kommunikation ab, sondern auch ein großer Teil unserer Infrastruktur. Die FSFE arbeitet dafür, dass die Benutzer mündig werden und die Kontrolle über die Software in den Händen aller liegt. Die Gesellschaft darf sich nicht von anderen abhängig machen, wenn es um die Gestaltung ihres zentralen Werkzeugs geht.
Unsere Gesellschaft muss allen die Möglichkeit geben, dieses zentrale Werkzeug selbst zu formen. Dafür benötigen wir die Freiheiten die Software für jeden Zweck zu verwenden, ihre Funktionsweise zu verstehen, sie weiter zu verbreiten und sie zu verändern.
Software, die ihren Benutzerinnen diese vier Freiheiten gibt, ist Freie Software.
Die Free Software Foundations in den USA, in Europa, in Indien und in Lateinamerika setzen sich seit 1985 für diese vier Freiheiten ein. Als gemeinnützige und unabhängige Organisation arbeiten wir, die FSFE, im Dialog mit Politik, Verwaltung und anderen Organisationen dafür, dass auf UN- und EU-Ebene sowie in den europäischen Länder gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die allen Menschen die Teilnahme im digitalen Zeitalter ermöglicht. Dazu gehört auch, Gesetze zu verhindern, die den Nutzern von Software ihre Freiheiten nehmen könnten. Wir tragen die Idee Freier Software in die unterschiedlichsten Teile unserer Gesellschaft. Wir beraten Freie-Software-Entwicklerinnen, damit diese sich auf darauf konzentrieren können, bessere Werkzeuge zu programmieren. Wir erklären Unternehmen, welche wirtschaftlichen Vorteile sie von Freier Software haben. Wir helfen Software-Unternehmen zu verstehen, wie sie Geld mit Freier Software verdienen können. Die Gesellschaft profitiert von all diesen Tätigkeiten, indem sie bessere Werkzeuge bekommt und die Kontrolle über diese Werkzeuge behält.
Eine demokratische Gesellschaft braucht starke Stützen. Eine davon ist Freie Software.
Anmerkung:Ich wollte schon sehr lange einen Aufsatz über die politsche Relevanz Freier Software für unsere Demokratie schreiben, um meine politische Überzeugung schriftlich festzuhalten. Für die Verleihung der Theodor-Heuss-Medaille an uns am 8. Mai in Stuttgart wollte die Stiftung einen Text von uns für die Broschüre. Das war ein guter Anlass um die Notizen und Ideen zu dem Thema zusammenzuführen, zu kürzen und wirklich loszulegen. Vielen lieben Dank an Alexander Kahl, Bernhard Reiter, Constantin Engel, Michael Kesper, Reinhard Müller und Torsten Grote für kritsche Anmerkungen, Verbesserungen und Korrektur diese Woche und an Karsten Gerloff für den sprachlichen Feinschliff.